fischweiber

In meinen Bildern tragen die Frauen Fische – nicht einfach als Motiv, sondern als Spiegel ihrer innersten Gefühle. Der Fisch gleitet durch ihre Welt, schwer von Bedeutung, Symbol für tiefe Emotionen, für ungestillte Sehnsüchte, für das flüchtige Glück und den schimmernden Wohlstand. Doch er ist nie nur ein stilles Bild. Manche Frauen halten ihn fest, die Finger fest um das glitschige Leben geschlossen, als wollten sie nicht zulassen, dass er entgleitet. Andere verschlucken sich fast an ihm, als wäre die Last ihrer eigenen Gefühle zu groß, um sie in Worte zu fassen. Und dann gibt es jene, über denen der Fisch schwebt – lautlos, bedrohlich, wie ein Schatten aus der Tiefe. Doch immer geht es um mehr als das Bild. Es geht um den Moment, in dem eine Entscheidung reift. Darum, ob man das Gewicht der eigenen Gefühle tragen kann oder ob man sie loslassen muss. Ob man sich der Angst stellt oder sich von ihr lähmen lässt. Die Frauen in meinen Arbeiten ringen nicht nur mit dem Fisch, sie ringen mit sich selbst – mit dem, was sie bewegt, was sie fesselt, was sie befreien könnte. Der Fisch wird so zum Prüfstein. Er fordert heraus, zwingt dazu, Stellung zu beziehen. Er fragt: Wie viel Raum gebe ich meinen Sehnsüchten? Wie viel Freiheit gönne ich mir, Entscheidungen zu treffen, ohne mich zu verlieren? In diesem stummen Dialog zwischen Frau und Fisch liegt die Spannung meiner Bilder – ein Spiel zwischen Kontrolle und Hingabe, zwischen Angst und Mut. Und am Ende geht es immer um eines: die Freiheit, das eigene Leben in die Hand zu nehmen, egal, wie glitschig es auch sein mag.

 

Gloria Keller