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Das Fenster – es ist mehr als eine Öffnung in der Wand. Es ist ein stiller Beobachter, ein Grenz-gänger zwischen zwei Welten.
Das Fenster trennt und verbindet zugleich. Es ist Grenze und Brücke, ein Übergang zwischen dem Begrenzten und dem Unbegrenz-ten. Von innen betrachtet, wird das Fenster zum Bildrahmen. Der Blick schweift hinaus und malt sich Geschichten in den Himmel, in die Straßen, in das Leben der anderen. Es ist ein sicherer Ort, ein stilles Kino für Gedanken und Sehnsüchte. Doch das Fenster erzählt auch eine andere Geschichte. Von außen betrachtet, wird es zum Schaufenster. Es gibt Einblick in das Verborgene, lässt die Außenwelt an der Intimität des Innenraums teil-haben. So steht das Fenster immer zwischen zwei Welten, ein leiser Zwischenraum, der Fragen stellt: Wo endet das Ich, wo beginnt das Andere? Was bleibt verborgen, was wird sichtbar? In diesem Spiel von Licht und Schatten, von Nähe und Ferne, erzählt das Fenster von Grenzen – und davon, wie leicht sie manchmal verschwimmen.

Gloria Keller